Beleihungswert

Definition und Berechnung

Ohne den Beleihungswert geht bei einer Immobilienfinanzierung gar nichts.

 

Was es damit auf sich hat und welche Rolle er für die Finanzierungsdarlehen deiner Immobilie spielt, erfährst du in diesem Beitrag.

Die wichtigsten Punkte:

  • Der Beleihungswert gibt den Wert einer Immobilie an, den die Bank bei einem Verkauf voraussichtlich mindestens erzielen kann.
  • Er bestimmt zusammen mit den sogenannten Beleihungsgrenzen die Höhe des finanzierbaren Kreditbetrages sowie die Zinskonditionen.
  • Die Bank ermittelt den Wert ausschließlich für interne Zwecke bei der Kreditvergabe, er entfaltet nach außen hin keine rechtliche Verbindlichkeit.
  • Bei der Beleihungswertermittlung wird üblicherweise eine Besichtigung der Immobilie durch die Bank durchgeführt. Du kannst dies verweigern, was sich allerdings negativ auf die Kreditentscheidung auswirken kann.
  • Die Kosten für die Beleihungswertermittlung dürfen dem Kunden nicht in Rechnung gestellt werden. Eventuell bezahlte Gebühren für die Wertermittlung kannst du zurückfordern.

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Was ist der Beleihungswert?

Wenn eine Bank die Finanzierung einer Immobilie übernimmt, wird zur Absicherung des Darlehens eine Grundschuld an der Immobilie eingetragen. Gerät der Kunde in Zahlungsschwierigkeiten, kann die Bank die Immobilie veräußern oder versteigern und das Darlehen aus dem Erlös zurückzahlen.

 

Um abzuschätzen, welchen Preis sie während der Laufzeit des Darlehens realistischerweise erzielen kann, ermittelt sie den sogenannten Beleihungswert. Dies ist der Wert, welchen die Bank bei einer Verwertung der Immobilie mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich realisieren kann.

 

Der Beleihungswert entspricht meist nicht dem finanzierten Kaufpreis. Die Bank rechnet gewisse Risikoabschläge ein, um eventuell auftretende wertmindernde Faktoren zu berücksichtigen.

 

Dies können beispielsweise sein:

 

  • Geringere Nachfrage nach Immobilien und damit erschwerte Veräußerbarkeit
  • Gesunkenes Preisniveaus am Immobilienmarkt
  • Wertminderung aufgrund bestimmter Ausstattungsmerkmale, die zukünftig unattraktiv sein können (fehlende Dämmung, veraltete Heiztechnik o. Ä.)
  • Wertminderung aufgrund der Art der Immobilie (fehlende Marktgängigkeit von 'speziellen' Immobilien und Liebhaberobjekten)
  • Alterswertminderung

 

Es kann also sein, dass eine Immobilie, welche du für 500.000 EUR erwerben möchtest, bei der Bank nur einen Beleihungswert von 400.000 EUR hat.

Welche Bedeutung hat der Beleihungswert bei der Immobilienfinanzierung?

Der Beleihungswert ist ein Maß für das Kreditausfallrisiko der Bank. Er hat (neben der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers) direkten Einfluss darauf, ob und zu welchen Konditionen die Bank eine Immobilienfinanzierung übernimmt.

 

Hierbei kommen bestimmte Beleihungsgrenzen zum Einsatz:

 

60%ige Beleihungsgrenze

 

Bis zu einem Wert von 60 % des Beleihungswertes spricht man von einem Realkredit. Dies sind für die Bank mit die sichersten Kredite, die sie vergeben kann. Ein Ausfallrisiko ist sehr gering, sodass eine positive Kreditentscheidung schnell getroffen ist. Die Darlehenskonditionen sind bei Realkrediten besonders günstig.

 

80%ige Beleihungsgrenze

 

Bis zu einem Wert von 80 % des Beleihungswertes ist eine Immobilienfinanzierung bei den meisten Banken noch problemlos möglich, wenn die Bonität des Darlehensnehmers einwandfrei ist. Diese Darlehen werden meist zu etwas höheren Konditionen angeboten als ein Realkredit.

 

100%ige Beleihungsgrenze

 

Ist die 100%ige Beleihungsgrenze erreicht, wird die Immobilie bis zur vollen Höhe des Beleihungswertes als Kreditsicherheit eingesetzt. Bei einer derartigen Finanzierung konnte der Darlehensnehmer oft wenig bis gar kein Eigenkapital einbringen.

 

Ob eine Bank eine derartige Finanzierung begleitet, hängt von deren Geschäftsstrategie ab. Oftmals werden zusätzliche Sicherheiten verlangt, zudem ist der Zinssatz vergleichsweise teuer.

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Wie wird der Beleihungswert ermittelt?

Rechtliche Grundlage für die Ermittlung des Beleihungswertes sind im Wesentlichen die Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) sowie ergänzend die Immobilienwertermittlungsverordnung - ImmoWertV.

 

Diese Verordnungen regeln, auf welche Art und Weise Verkehrs- und Beleihungswerte ermittelt werden. Es gibt drei verschiedene Methoden, mit der eine Bank den Beleihungswert einer Immobilie ermitteln kann:

 

1. Das Vergleichswertverfahren

 

Das Vergleichswertverfahren kann angewendet werden, wenn in der näheren Umgebung ausreichend viele Immobilien mit vergleichbaren Merkmalen zu marktüblichen Preisen verkauft wurden. In diesem Fall wird angenommen, dass die zu bewertende Immobilie zu etwa gleichen Preisen verkauft werden kann.

 

Um zu realistischen Vergleichswerten zu kommen, ist eine fundierte Datenbasis aus zahlreichen erfolgten Immobilienverkäufen notwendig. Zudem muss eine hohe Vergleichbarkeit der Immobilien vorliegen.

 

Das Vergleichswertverfahren eignet sich daher insbesondere für Eigentumswohnungen in größeren Wohngebieten mit ähnlicher Architektur. Für freistehende, individuell zugeschnittene Wohnhäuser hingegen ist ein Vergleichswert schwierig zu ermitteln und aufgrund einer begrenzten Datenbasis meist eingeschränkt aussagekräftig.

 

2. Das Sachwertverfahren

 

Das Sachwertverfahren kommt bei selbstgenutzten Wohnhäusern und Eigentumswohnungen zur Anwendung. Der damit ermittelte Sachwert wird aus der Summe des Bodenwertes zzgl. des Wertes der aufstehenden Bebauung berechnet.

 

Der Bodenwert wird anhand des aktuell gültigen Bodenrichtwertes ermittelt. So hat beispielsweise ein 500 qm großes Grundstück bei einem Bodenrichtwert von 200 EUR/qm einen Bodenwert von 100.000 EUR. Auf der Seite https://www.bodenrichtwerte-boris.de/ kannst du die aktuellen Bodenrichtwerte in Deutschland einsehen.

 

Bei der aufstehenden Bebauung werden zunächst die Herstellungskosten ermittelt. Dies erfolgt anhand der Größe und Ausstattung der Immobilie sowie genormter Pauschalwerte, welche detailliert in der BelWertV vorgegeben werden. Von den Herstellungskosten wird eine Alterswertminderung abgezogen sowie anschließend ein Marktanpassungsfaktor eingerechnet.

 

Der Marktanpassungsfaktor wird von den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelt und passt den Wert der Immobilie an die aktuelle Marktlage an.

 

3. Das Ertragswertverfahren

 

Das Ertragswertverfahren wird hauptsächlich für Renditeobjekte verwendet, mit denen Mieterträge generiert werden sollen. Hierunter fallen u. a. vermietete Mehrfamilienwohnhäuser, Eigentumswohnungen sowie Geschäftsimmobilien wie Ladenlokale oder marktgängige Produktionshallen (keine Spezialimmobilien).

 

Anders als beim Sachwertverfahren werden zum Bodenwert nicht die angepassten Baukosten des Gebäudes addiert, sondern die kapitalisierten jährlichen Mieterträge abzgl. der Bewirtschaftungskosten.

 

Das Kreditinstitut zieht von den ermittelten Sach-, Ertrags- oder Vergleichswerten anschließend noch einen Risikoabschlag ab, um den endgültigen Beleihungswert zu ermitteln. Die Höhe dieses Risikoabschlages legt die Bank aufgrund eigener Erfahrungswerte aus der bisherigen Geschäftstätigkeit selber fest.

Was kostet die Beleihungswertermittlung?

Bei der Beleihungswertermittlung fallen bei der Bank Kosten für die Besichtigung und das Erstellen der Wertermittlung an. Einige Banken versuchen, dem Darlehensnehmer diese Kosten in Rechnung zu stellen.

 

Dies ist nach einem Urteil des Landgerichts Stuttgart 20 O 9/07 vom 24.04.2007 nicht zulässig. Da die Beleihungswertermittlung im Eigeninteresse der Bank erfolgt, muss diese die Kosten selbst tragen und darf sie nicht auf den Darlehensnehmer umlegen. Etwaige Klauseln in den AGB oder im Darlehensvertrag selber sind ungültig, selbst wenn Sie vom Kunden explizit unterschrieben wurden.

 

Mein Tipp: Etwaige bereits gezahlte Gebühren kannst du unter Verweis auf das Urteil des Landgericht Stuttgart von der Bank zurückfordern. Bei Problemen mit der Bank können Dir die örtlichen Verbraucherzentralen oder ein sachkundiger Rechtsanwalt weiterhelfen.

Muss ich einer Besichtigung der Immobilie zustimmen?

Die Bank hat ein Interesse daran, den Wert der Immobilie möglichst realistisch einschätzen zu können. Hierzu wird sie üblicherweise einen Gutachter vorbeischicken, welcher die Immobilie besichtigen und nach Möglichkeit auch Fotos machen möchte.

 

Neben dem eigenen Interesse an dem aktuellen Zustand der Immobilie muss sich die Bank auch an die gesetzlichen Grundlagen der Beleihungswertverordnung halten. In § 4 (1) Satz der BelWertV heißt es im Wortlaut: "Das zu bewertende Objekt ist im Rahmen der Wertermittlung zu besichtigen." Demnach ist die Bank grundsätzlich auch gesetzlich dazu verpflichtet, eine Besichtigung vorzunehmen.

 

Was also tun, wenn sich die Bank meldet und einen Gutachter zur Besichtigung vorbeischicken möchte?

 

Für die eigenen vier Wände gilt das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (vgl. Art. 13 GG). Dritten ist ein Zutritt nur unter ganz engen Voraussetzungen erlaubt, z. B. wenn Gefahr in Verzug ist oder ein richterlicher Beschluss vorliegt. Das bedeutet, dass du selbst entscheidest, wer deine Wohnung betreten darf und wer nicht.

 

Du kannst dem Gutachter somit den Zutritt zu deiner Immobilie verweigern. Dass unter Umständen eine Besichtigungspflicht gemäß BelWertV besteht, ändert daran nichts, denn die Bestimmungen des Grundgesetzes haben Vorrang vor den Bestimmungen der Beleihungswertverordnung.

 

Auch dürfen Fotos in Innenräumen nur mit deiner Zustimmung gemacht werden. Lediglich Außenaufnahmen, die ohne Betreten des Grundstückes angefertigt werden können, sind auch ohne deine Zustimmung möglich.

 

Gleiches gilt übrigens auch für den gerichtlich bestellten Gutachter bei einem Zwangsversteigerungsverfahren, welchem ebenfalls der Zutritt und/oder das Aufnehmen von Fotos untersagt werden kann. Er muss dann das Wertgutachten anhand der vorliegenden Unterlagen erstellen.

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Was passiert, wenn ich eine Besichtigung verweigere?

Darf die Bank eine gesetzlich erforderliche Besichtigung nicht vornehmen, kann sie den Beleihungswert nicht gesetzeskonform ermitteln und die Immobilie somit nicht als Sicherheit ansetzen.

 

Das Darlehen wäre ganz oder teilweise unbesichert, was direkte Auswirkungen auf die Kreditentscheidung sowie die Konditionen hat. Schlimmstenfalls kommt mit der Bank kein Darlehensvertrag zustande oder der Zinssatz wäre deutlich teurer.

 

Hinzu kommt, dass die Bank das Vertrauensverhältnis vermutlich als gestört betrachten würde, was sich negativ auf die Geschäftsbeziehung auswirken würde.

 

Gut zu wissen: Die Beleihungswertverordnung sieht in den §§ 24 (3) und (3a) Ausnahmen von der Besichtigungspflicht vor. So kann beispielsweise auf eine Besichtigung verzichtet werden, wenn die Darlehenssumme 400.000 EUR nicht übersteigt und der Gutachter ähnliche Immobilien kennt oder bereits besichtigt hat.

 

Die Innenräume müssen nicht besichtigt werden, wenn die Immobilie innerhalb der letzten 10 Jahre gebaut wurde oder vom Beleihungswert ein zusätzlicher Sicherheitsabschlag von 10 % abgezogen wird.

 

Ist eine Ausnahme von der Besichtigungspflicht möglich, lässt die Bank unter Umständen mit sich reden und du kannst einen Kompromiss finden, mit dem beide Seiten leben können. So kannst du dem Gutachter nur ausgewählte Räume zeigen oder ihm selbst gemachte Fotos von den Innenräumen zukommen lassen.

 

Schlussendlich sitzt jedoch die Bank am längeren Hebel. Besteht sie auf eine Besichtigung, die du jedoch ablehnst, wird sie die Finanzierung nicht übernehmen.

 

Wichtig: Die Ablehnung der gilt nur für Neuverträge. Keinesfalls darf die Bank einen laufenden Kredit, der vereinbarungsgemäß zurückgezahlt wird, aufgrund der Ablehnung einer Besichtigung kündigen.

Anspruch auf Aushändigung der Beleihungswertermittlung

Die Bank ermittelt den Beleihungswert für ihre eigenen Zwecke und nutzt dabei eigene Formulare und Verfahren. Diese Berechnungen und Unterlagen erfüllen ausschließlich bankinterne Zwecke und sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

 

Der Satz "Ich hab hier ein Gutachten der Bank, dass die Immobilie X EUR wert ist" kann erhebliche finanzielle Folgen für alle Beteiligten nach sich ziehen.

 

Zu nennen sind beispielsweise Erbauseinandersetzungen, Scheidungen oder steuerrechtlichen Angelegenheiten, bei denen es auf den Wert der Immobilie ankommt.

 

Eine Bank wird die Beleihungswertermittlung daher nicht herausgeben und du hast auch keinen Anspruch auf eine Aushändigung. In erster Linie vermeidet das Kreditinstitut so Probleme und etwaige Haftungsrisiken, die sich ergeben können, falls das interne Beleihungswertgutachten für externe Zwecke herangezogen wird.

 

Anders sieht es aus, wenn es sich um deine eigenen Unterlagen handelt, die du der Bank für die Wertermittlung überlassen hast. Diese muss die Bank Dir auf Verlangen selbstverständlich wieder aushändigen.

Ermittelter Beleihungswert zu gering: Was kann ich tun?

Den Beleihungswert ermittelt die Bank für interne Zwecke. Sie hält sich dabei an die BelWertV und die ImmoWertV und lässt eigene Erfahrungswerte mit einfließen. Hältst du den ermittelten Wert für falsch, solltest du dies mit der Bank besprechen.

 

Du hast allerdings keinen Anspruch darauf, dass die Bank den Beleihungswert in deinem Sinne ändert.

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Über den Autor:

Ricardo Tunnissen

zertifizierter VR-Gewerbekundenberater RWGA
diplomierter Bankbetriebswirt BankColleg

E-Mail: support@ricardotunnissen.de

LinkedIn: Profil ansehen

Ricardo Tunnissen kommt ursprünglich aus der Bankenwelt und arbeitete, bis zu Beginn seiner Selbständigkeit im Oktober 2018, als Trainee in der privaten Baufinanzierung, sowie der Firmen- und Gewerbekundenberatung einer Volksbank.

Während dieser Zeit erlangte er zudem den Kompetenznachweis zertifizierter VR-Gewerbekundenberater RWGA (GenoAkademie vorm. RWGA) und absolvierte ein Studium zum diplomierten Bankbetriebswirt BankColleg auf dem Campus Schloss Montabaur.

 

Erfahre hier mehr über die fachliche Qualifikation und die berufliche Laufbahn des Autors.

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